Seid befreit
Der erste Satz klingt wie der Auftakt zu Melvilles Moby Dick: „Ich bin Mo.“ Zu sehen ist allerdings niemand, nur dunkle Straßen im fahlen Schein einer einsamen Laterne, menschenleer. „Im Winter 76 wurde ich geboren“, heißt es weiter. „Unser Haus stand direkt an der Mauer.“ Mo betritt erst nach dem Umblättern die Bühne aus düster verwaschenen Brauntönen, im Hintergrund der antifaschistische Schutzwall, Sperrgebiet, Mos Zuhause. Sie ist der einzige Farbtupfer inmitten dieser Tristesse – blonde Haare, blaues Shirt, und im Gegensatz zur Kulisse eher eine Karikatur. Es ist dieser Kontrast, der Sandra Rummlers Debüt so erfrischend und sympathisch macht. Sie erzählt vom Aufwachsen in Ostberlin und dem plötzlichen Verschwinden ihrer Welt: Jetzt werden die Hintergründe bunt, bleiben jedoch gleichsam verwaschen. Ein wahrer Augenschmaus, künstlerisch ebenso famos wie eigen, ein Debüt, das sich liest wie ein Traum, der einen flüchtigen Moment unserer Geschichte streift.